Kollektivstrafen für Demonstrierende verhindern: Rondenbarg-Prozess bedroht auch eure Versammlungsfreiheit.

Seit Januar läuft vor dem Hamburger Landgericht ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den G20-Protesten in Hamburg. 2017 wurde dort in der Straße „Rondenbarg“ eine G20-kritische Demonstration von einer Sondereinheit der Polizei eingekesselt und aufgelöst. Dabei wurden elf Demonstrierende schwer verletzt, kein Beamter kam zu Schaden. Trotzdem stehen jetzt nicht die verantwortlichen Polizeibeamten, sondern die Demonstrierenden vor Gericht: Angesetzt sind 25 Prozesstage gegen Aktivist*innen, die aus ihrem Arbeitsalltag und Privatleben gerissen werden.

Das Verfahren bedroht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: Keinem der Angeklagten wird eine individuelle Tat vorgeworfen, die bloße Anwesenheit auf der Demonstration soll für eine Verurteilung reichen. Das würde Kollektivstrafen gegen Demonstrierende zunehmend als Standard etablieren. Allein die Möglichkeit für die bloße Teilnahme an einer Demonstration vor Gericht zu landen, kann schon heute abschrecken, überhaupt an Versammlungen teilzunehmen. 

Schützen wir die Versammlungsfreiheit! Ziviler Ungehorsam ist kein Verbrechen!

Nach über drei Monaten und 13 Verhandlungstagen ist von der ursprünglichen Anklage der Staatsanwaltschaft nicht mehr viel übrig. Das Gericht erkannte an, dass es sich bei der Demonstration am Rondenbarg grundsätzlich um eine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes handelte. Doch das ist kein Grund zum Aufatmen, die Gefahr einer Einschränkung des Demonstrationsrechts durch Kollektivstrafen ist sogar noch gewachsen. In Zukunft könnte schon die falsche Jacke auf einer Demo zum Problem werden.

Der Demozug am Rondenbarg war als Teil des Farbkonzepts von Block G20 (roter, blauer, grüner, pinker und schwarzer „Finger“) größtenteils dunkel gekleidet. Daraus konstruiert das Gericht jetzt eine „psychische Beihilfe“ und zieht eine kollektive Veruerteilung wegen Landfriedensbruch in Betracht. Wenn schon ähnliche Kleidung für eine kollektive Strafbarkeit ausreicht, was bleibt dann übrig von selbstbestimmmter Gestaltung politischer Versammlungen? Insgesondere Aktionen des zivilen Ungehorsams mit einheitlichen Outfits geraten so ins Visier der Justiz. Dabei braucht diese Gesellschaft angesichts von Kriegen, Klimakrise und rechter Hetze gerade jetzt mehr mutige Menschen die ihr demokratisches Recht auf Versammlungsfreiheit kreativ und vielfältig nutzen.

WAS TUN?

Schafft Öffentlichkeit! Leitet diesen Text an eure Verteiler, Kolleg*innen und Freund’*innen weiter. Teilt das Sharepic und weiteres Material auf Social Media und macht den Prozess bekannt.  

Hingucken! Zuhören! Dokumentieren! Wir rufen dazu auf, den Prozess auch im Gerichtssaal aktiv zu begleiten. An allen Prozesstagen gibt es außerdem Kundgebungen vor dem Hamburger Landgericht – beginnend jeweils eine Stunde vor Prozessbeginn.

Demonstrieren! Am Samstag vor dem „Tag X“ der Urteilsverkündung werden in verschiedenen Städten Deutschlands Demonstrationen stattfinden. Ein Urteil ist im Juli zu erwarten, Infos bald unter: https://gemeinschaftlich.noblogs.org/

Prozesse kosten Geld! Spendet für die Betroffenen auf das Konto von Rote Hilfe e.V., IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39, Sparkasse Göttingen, Stichwort „G20“

Hintergründe und Material unter www.grundrechteverteidigen.de