G20-Randale Polizei hat keine Beweise für Hinterhalt im Schanzenviertel
Beim G20-Gipfel in Hamburg verwüsteten Randalierer ein ganzes Viertel – die Polizei sah stundenlang tatenlos zu. Neue Erkenntnisse schüren Zweifel an der bisherigen Rechtfertigung der Einsatzführer.
Im Kern geht es um die Ereignisse in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli im Viertel Sternschanze. Damals griff die Polizei über Stunden nicht ein, als Randalierer Barrikaden anzündeten und Geschäfte plünderten. Erst Spezialeinsatzkommandos (SEK) bekamen die Lage in den Griff.
Es habe Lebensgefahr für die Beamten bestanden, so rechtfertigte die Polizeiführung das Zögern. Man habe Erkenntnisse gehabt, wonach sich Gewalttäter auf Dächern in der Straße Schulterblatt versammelt hätten, um die Polizei mit Steinen, Gehwegplatten, Eisenstangen und Molotowcocktails zu bewerfen.
Auf die Frage, wie viele dieser Gegenstände als Beweismittel gesichert wurden, teilte die Behörde nun mit: „nach derzeitigem Kenntnisstand keine“.
Eisenstangen, Paletten und große Steine, mit denen die Spezialkräfte aus einem umkämpften Haus am Schulterblatt 1 beworfen worden sein sollen, habe man ebenfalls nicht gefunden. Hinweise auf „selbstgemachte Eisenspeere“, mit denen sich Gewalttäter angeblich bewaffnet hatten, seien nicht bestätigt worden.
Die Behörde räumte ein, Beamte hätten erst am 12. Juli, also vier Tage nach den Ausschreitungen, damit begonnen, vor Ort Beweismittel zu sichern. Die Gründe für den langen Zeitraum seien heute „nicht mehr nachvollziehbar“. Generell habe die Kriminalpolizei wegen Personalmangels viele Tatorte „nicht zeitnah“ aufsuchen können.
Die Linken-Abgeordnete Schneider sagte dem SPIEGEL, sie sehe nicht, dass die Polizei ihre bisherige Darstellung der Ereignisse im Schanzenviertel aufrechterhalten könne. „Die viele Menschen bewegende Frage, warum die Polizei die Anwohner nicht geschützt hat, muss endlich zweifelsfrei aufgeklärt werden.“ Die Nacht auf den 8. Juli „spaltet die Stadt bis heute“.
In Zusammenhang mit Ausschreitungen am Morgen des 7. Juli im Stadtteil Altona nahm die Innenbehörde eine besonders drastische Schilderung zurück. Damals hatten Randalierer einen Molotowcocktail auf mehrere Fahrzeuge der Bundespolizei geworfen.